Mehrfachbelichtung

Bei dem Wort „Mehrfachbelichtung“ denken vor allem die Kenner der analogen Fotografie entweder an Fehlbelichtungen, weil der Film in der Kamera nicht weiter transportiert wurde oder an bewußte Mehrfachbelichtungen auf einem SW-Film. Dazu durfte man einfach den Film nicht weiter transportieren oder man hat ihn zurückgespult.
Die Fotos die aus versehen entstanden sind waren oft zu Beginn ein kleines Ärgernis, schienen doch die Urlaubsfotos versaut. Aber dann fand man sie doch so interessant, dass das ein oder andere ebenfalls Einzug in die Fotoalben halten durften, zumindest in mein Kinderalbum 🙂

Mehrfachbelichtung

Ich (weißer Rock) mit meiner Mutter in Bremerhafen 1976!

In der Laborarbeit gab es ebenfalls die Möglichkeiten der Mehrfachbelichtungen, nämlich die auf dem Fotopapier.

Ich erinnere mich an noch gut an solche Fließbandarbeiten. Wir haben oft stapelweise Fotopapier an verschiedenen Stellen maskiert und diese nacheinander belichtet. Diese Arbeiten waren aber natürlich kein Zufallsprodukt sondern genau geplante Abläufe.

Und dann habe ich mal während meiner Ausbildung Radrennfahrer fotografiert und dann ebenfalls im Labor montiert.
MehrfachbelichtungDie Mehrfachbelichtung in der analogen Kamera!

Die Mehrfachbelichtung des Films in der Kamera war dagegen natürlich ein Zufallsprodukt. Zwar konnte ich mir Gedanken über die Belichtung machen, schließlich würde ich den Film jetzt mehrfach mit Licht befeuern, aber über das Endergebnis war man oft überrascht. Mal positiv, mal negativ.

Heute in der digitalen Fotografie ist den Fotografen oft nicht bewußt, dass sie mit Mehrfachbelichtungen arbeiten. Meistens findet die Bearbeitung anschließend am Computer in der entsprechenden Software statt. Das kann unwahrscheinlich viel Freude machen und großartige Ergebnisse hervorzaubern aber der Versuch der Mehrfachbelichtung in der Kamera ist einfach eine andere Form der Kreativität.

Und darum soll es hier gehen: Kreativ mit der Mehrfachbelichtung!

 

Mit Mehrfachbelichtungen kannst du einfach mal experimentieren:
– Eine Person gleich mehrfach auf dem Bild.
– Verträumte Naturbilder; Kombination einer Aufnahme scharf und einer Aufnahme bewusst unscharf (Mehr Informationen zum Thema Unschärfe).
– Verschiedene Positionen des Mondes, der Kirche, des Turms.
– Wald in der Gesamtansicht, Zapfen als Detail über das erste Bild.
– Motiv fotografieren, dann etwas heranzoomen und zweites Bild aufnehmen.
– Unscharfes Foto vom Wald oder einer Blumenwiese im Hintergrund, scharfe Detailaufnahme darüber.
– Fotoapparat beim Abdrücken bewegen (malen mit der Kamera) zweites Motiv scharf darüber.
– Portrait Silhouette und ein zweites Portrait im Sonnenlicht innerhalb der Silhouette  (letzteres war auch in der analogen Fotografie eine Zeitlang seeehr in Mode)

Mehrfachbelichtung

Und wieder muß Klaus herhalten: eine klassische Doppelbelichtung!

Mehrfachbelichtung

Rummelsburger Bucht, Berlin: 3 Aufnahmen: Möwen Richtung Himmel, Wasser, Gebäude

Praxistipps Mehrfachbelichtung!

  • Mache dich vertraut mit den Möglichkeiten der Mehrfachbelichtungen deiner Kamera.
  • Nutze das Gitternetz zur richtigen Positionierung deines Bildes.
  • Wähle „Belichtung anpassen“, wenn du z.B. gleiche Landschaften fotografierst (diese wären sonst evtl. überbelichtet). Wenn du aber z.B. den Mond fotografieren möchtest, dann solltest du die Anpassung ausschalten. Natürlich kannst du jeder Zeit auch alle Belichtungen selber regeln, wenn du auf den manuellen Modus stellst.
  • Mehrfachbelichtungen im Dunkeln: verwende einen Blitz und ggf. ein Stativ (Stativ z.B. bei den Mondaufnahmen)
Photomarathon

Selbstportrait: 3s Belichtungszeit mit 5x geblitzt!

Unterschied Analog und Digital!

Wenn man es genau oder besser ungenau nimmt, dann sind auch HDR Aufnahmen Mehrfachbelichtungen.
Allerdings hat das mit der klassischen Mehrfachbelichtung nichts zu tun. Es handelt sich dabei um eine Pseudo-Doppelbelichtung. Die Aufnahmen werden mittels eines Bildbearbeitungsprogramms übereinander gelegt und deren Transparenzen geändert.

Das Resultat dürfte einer klassischen Mehrfachbelichtung höchstens nahe kommen, nicht aber sie erreichen, da diese Ebenen-Transparenz dann – im Gegensatz zur Schwärzung eines Negatives – absolut linear verläuft und somit dann auch sehr helle Bereiche durchsichtig erscheinen lässt.

Oder anders ausgedrückt: Besteht eine Doppelbelichtung auf Film bzw. „analog“ unter anderem aus einem Motiv mit z.B. hellem Himmel, bleibt dieser von der weiteren (oder vorherigen) Aufnahme unberührt, da das Negativ hier bereits eine enorme Schwärzung erfahren hat (wird nicht transparent). Gerade diese nichtlineare bzw. nicht einheitliche Transparenz zeichnet das Interessante an doppelt belichteten Bildern aus! Dies lässt sich natürlich auch mit Geduld mittels z.B. dem Radier-Werkzeug in einer Bildbearbeitung realisieren.  Der „Chaosmoment“ der analogen Fotografie wird hierbei meiner Meinung nach aber nicht erreicht.

Eine Echte Mehrfachbelichtung mit einer digitalen Kamera!

Wenn deine Kamera den Bulb Modus unterstützt, dann kannst du diesen verwenden um Mehrfachbelichtungen zu erzeugen, indem du das Objektiv nach der ersten Belichtung abdeckst und dann die Kamera vor dem nächsten Öffnen auf ein anderes Motiv lenkst.
Das ist aber wirklich sehr ungenau.

Eine weitere Möglichkeit ist in einem ganz dunklen Umfeld ein Objekt mehrfach anzublitzen bei entsprechenden Öffnungszeiten. Z.B. eine Person, die sich bewegt.

Eine echte Mehrfachbelichtung addiert Licht. D. h. wenn z. B. 1/60 Sekunde Belichtungszeit für ein Motiv zu kurz ist, bzw. jenes damit unterbelichtet wird, dann kann ich mit z. B. 4 x 1/60 Sekunde das Motiv richtig belichten: Ich fertige eine Mehrfachbelichtung mit vier Aufnahmen à 1/60 Sekunde an und erhalte am Ende ein korrekt belichtetes Bild.

Natürlich kann ich dann auch gleich mit 1/15 Sekunde fotografieren und würde die selbe Lichtmenge auf den Sensor der Kamera lassen.
Aus einem schwachen Blitzgerät könnte man so sogar mehr Leistung heraus holen.

Ein vielleicht wichtigster Tipp!

Achte auf Kontraste in deinen Aufnahmen und bedenke, dass du bei der echten Mehrfachbelichtung die besten Ergebnisse erzielst, wenn du die jeweils folgende Aufnahme in möglichst dunkle Bereiche setzt.

Mehrfachbelichtung

1. Aufnahme: An der Rummelsburger Bucht in Berlin, ein Schiff auf dem Wasser im Gegenlicht. Das Schiff war schwarz. 2. Aufnahme: Fast geglückt – das Auge von Klaus belichtet in das schwarze Schiff.

Wer hätte das gedacht, aber es gibt dan doch viel zu sagen und unendlich viele Möglichkeiten zum Thema Doppelbelichtung.
Vielleicht noch einen kleinen Hinweis: wenn ihr eure Kamera im Mehrfachbelichtungsmodus zwischen den Aufnahmen ausschaltet, startet das Zählen neu. Ihr könnt also nicht den Fernsehturm aufnehmen und dann nach Köln reisen um den Dom als 2. Bild aufzunehmen.
Also habe ich den Fernsehturm in Berlin gelassen und ihn mehrfach in verschieden Objekte „hineinprojiziert“ durch Mehrfachbelichtungen.

Mehrfachbelichtung

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